Schöner Scheitern

Aus einem dunklen Spalt in einer weißen Wand leuchtet ein Röhrenfernseher-Bild.

Schöner Scheitern
Video-Installation
2009

Die Idee vom Ausstellungsraum als White Cube, einem weißen Würfel ohne ablenkende Elemente, kam im frühen 20. Jahrhundert auf. Die Künstler*innen, deren Arbeiten selbst Farbe, Licht und Form in den Mittelpunkt rückten, wollten damit verhindern, dass ihr Kunstwerk in Wechselwirkung mit der Architektur des Ausstellungsraumes wahrgenommen wird. In den 1950er Jahren beherrschte der White Cube das Ausstellungsgeschehen in amerikanischen und westeuropäischen Galerien: Die reizneutrale weiße Zelle war zu einer eigenen Institution herangewachsen. Immer wieder haben sich seither Menschen an diesem Ausstellungskonzept aufgerieben. Es wurde in zahlreichen Aufsätzen theoretisch hinterfragt und mit den Mitteln künstlerischer Praxis attackiert: zum Beispiel von Rirkrit Tiravanija, der im Museum den Kochlöffel schwingt. Doch der weiße Würfel scheint allen Angriffen zu trotzen. Er definiert noch immer nahezu automatisch die in ihm ausgestellten Objekte zu erhabener Kunst und steigert unverdrossen ihren Marktwert.

12 kleine Bilder zeigen eine junge Frau und einen weißen Holzwürfel mit 60 cm Kantenlänge. Sie schlägt und tritt in verschiedenen Positionen auf ihn ein.
Schöner Scheitern: Standbilder vom Kampf im besten Tageslicht

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang malträtiere ich den ewigen Hohlkörper. Ich prügele ein auf die inhaltsleere Form, versuche qualvoll Veränderung zu bewirken und einen Sinn zu erzwingen. Die Bedingungen im Kampf um Bedeutung sind jedoch alles andere als geeignet: Keine Werkzeuge, keine Komplizen. Kein Holzhammer, keine Kunst. Am Ende eines langen Tages bleiben geprellte Knöchel und wunde Handflächen, der Würfel hingegen ist wohlauf. Damit steht es eins zu null für die Bedeutungslosigkeit.

Der nachfolgende Film stellt 3 Ausschnitte der Performance Schöner Scheitern als Montage nebeneinander, wobei sich die Tonspuren überlagern. Nur der mittlere Ausschnitt ist vom Tageslicht ausreichend erhellt und kontrastreich. Die Aufnahmen des linken und rechten Videos sind unterbelichtet und körnig. Alle 3 Videos zeigen dasselbe Szenenbild: In einem Zimmer mit weißen Wänden steht ein massiver Holztisch, auf dem ein großer weißer Würfel mit circa 60 cm Kantenlänge platziert ist. Eine junge Frau mit strubbeligen, blonden Haaren und schwarzer Arbeitskleidung bearbeitet den Würfel mit ihrem Körper. Sie prügelt und tritt auf ihn ein, kippt ihn an und dreht ihn in verschiedene Winkel. In einigen Szenen kniet sie, mit den Fäusten hämmernd oder erschöpft ausharrend, neben dem Würfel auf dem Tisch. Dann wird deutlich, dass ihr Körpervolumen und das des Würfels etwa gleich sind. Im schwindenden Tageslicht des rechten Videos lässt die Energie der Frau deutlich nach und ihre Schläge sind kraftlos. Der Würfel verändert sich in Form und Farbe überhaupt nicht.

Schöner Scheitern | Video-Ausschnitt mit 3 Tagesphasen

A gallery is constructed along laws as rigorous as those for building a medieval church. The outside world must not come in, so windows are usually sealed off. Walls are painted white. The ceiling becomes the source of light. The wooden floor is polished so that you click along clinically, or carpeted so that you pad soundlessly, resting the feet while the eyes have at the wall. The art is free, as the saying used to go, “to take on its own life.” The discreet desk may be the only piece of furniture. In this context a standing ashtray becomes almost a sacred object, just as the firehouse in a modern museum looks not like a firehouse but an aesthetic conundrum. Modernism’s transposition of perception from life to formal values is complete. This, of course, is one of modernism’s fatal diseases.

Brian O’Doherty | Inside the White Cube: The Ideology of the Gallery Space